Monitoring der Elektronischen Wildwarnanlagen
an der B202in Schleswig-Holstein
Die ersten beiden elektronischen Wildwarnanlagen Norddeutschlands wurden im September 2011 an der B202 am Rastorfer Kreuz in Betrieb genommen. Beide Anlagen unterliegen seit Inbetriebnahme einem dauerhaften Monitoring durch das Institut für Wildbiologie Göttingen und Dresden e. V. und liefern so erstmals belastbare Zahlen zu den Wechselintensitäten und schließlich zur Effektivität solcher Anlagen.
Hauptbestandteile des Monitorings sind die Dokumentation und Auswertung der Annahme der Wechselbereiche der Wildwarnanlagen durch Wildtiere, sowie die Dokumentation von Wildunfällen innerhalb und in Bezug zu den Anlagen. Das Monitoring basiert auf einer ereignisgesteuerten Videoüberwachung der Wechselbereiche und den Aufzeichnungen der Sensorbelegungen. Die Videoüberwachung besteht aus nachtsichtfähigen Überwachungskameras deren Bilder auf einem Festplattenrekorder gespeichert werden. Die Aufzeichnung der Videos wird durch Lichtschranken gesteuert. Bei Unterbrechung der Lichtschranke werden in 10 Sekunden vor und 60 Sekunden nach der Unterbrechung gespeichert. Durch die Videos ist es möglich, nicht nur die Querung an sich, sondern auch Wildart, Anzahl und Verhalten der Tiere sowie das Verkehrsgeschehen zu dokumentieren.
Die B202 zwischen Kiel und Oldenburg i. Holst. ist die wichtigste West-Ost-Verbindung in der Region. Aufgrund eines überhöhten Aufkommens an Wildunfällen mit Schalenwild rund um das Rastorfer Kreuz wurde 2004 damit begonnen, in diesem Bereich einen Wildschutzzaun entlang der B202 zu errichten. Der Zaun führte jedoch auch zu einer Lebensraumzerschneidung für Wildtiere und zu einer Unterbrechung einer traditionellen Nord-Süd-verlaufenden Wanderachse.
Um die landschaftszerschneidende Wirkung des Wildschutzzaunes aufzuheben und den Austausch zwischen verschiedenen Wildtierpopulation nördlich und südlich der B202 zu ermöglichen, dabei aber die Gefährdung für den Straßenverkehr zu minimieren, wurden zwei elektronische Wildwarnanlagen errichtet. Diese Anlagen sollen dem Wild die Möglichkeit geben, die Bundesstraße zu überqueren und gleichzeitig die Verkehrsteilnehmer vor dem querenden Wild zu warnen.
Elektronische Wildwarnanlagen basieren auf der grundsätzlichen Durchlässigkeit von zweispurigen Trassen und können bei zweckentsprechender Spezifikation und Ausführung zumindest für Großsäuger eine Alternative zu Wildbrücken oder –tunneln darstellen. Die Stärke des Ansatzes solcher Anlagen ist, dass die Autofahrer nur bei akuter Gefahr gewarnt werden.
Das Gesamtkonzept an der B202 besteht aus einem etwas mehr als drei Kilometer langen Wildschutzzaun mit zwei voneinander unabhängigen elektronischen Wildwarnanlagen – eine westlich und eine östlich des Rastorfer Kreuzes. Beide Anlage sind gleich aufgebaut und erfassen in 50 x 20 Meter großen Detektionsfeldern Wildtiere mittels passiver Infrarot-Sensoren. Werden Tiere von den Sensoren der Anlagen erfasst, leuchten an der Bundesstraße große LED-Warntafeln mit Geschwindigkeitsbegrenzung und dem Warnschild „Wildwechsel“ auf.
Im ersten Betriebsjahr konnten in beiden Anlagen zusammen über 1.700 Querungen von Wildtieren dokumentiert werden. Den größten Anteil an den Querungen haben mit knapp zwei Dritteln Damhirsche. Weitere Arten, die die B202 im Bereich der Wildwarnanlagen querten waren Fuchs, Reh, Feldhase und Wildschwein, vereinzelt auch Marder und Dachs. Im Jahresverlauf zeigt sich bereits im Oktober 2011 eine hohe Wechselaktivität. Die Zahl der dokumentierten Wechsel geht im Verlauf des Winters zurück, steigt dann jedoch bis zum Frühjahr 2012 an, mit einem deutlichen Hoch im April in der westlichen Anlage bzw. im Juni in der östlichen Anlage.
Danach nimmt in beiden Wechselbereichen die Zahl der Querungen wieder ab. Die meisten Querungen finden in der Zeit zwischen den späten Abendstunden bis zu den frühen Morgenstunden statt. Aber auch tagsüber zeigt sich eine bemerkenswert hohe Anzahl von Wechseln über die B202. Vor allem Damhirsche, aber auch Rehe, nutzen die Anlage auch am Tag.
Die Finanzierung der Anlagen am Rastorfer Kreuz erfolgte durch die Bundesrepublik Deutschland und das Land Schleswig-Holstein. Für den Betrieb verantwortlich ist der Landesbetrieb für Straßenbau und Verkehr Schleswig-Holstein.
Weitere Informationen
http://www.schleswig-holstein.de/DE/Landesregierung/VII/Presse/PI/2013/130228_Hirschradar.html
http://www.kn-online.de/News/Nachrichten-aus-Ploen/Unfallzahlen-drastisch-gesunken
http://www.berliner-zeitung.de/wildwarnanlage-senkt-unfallzahlen-drastisch-7115260