Zielsetzung
Es ist Ziel des Projektes, solide Aussagen zum praktischen Nutzen, bzw. zur Effektivität der eingesetzten Präventionsmaßnahmen herzuleiten und daraus praxisnahe Empfehlungen zu entwickeln. Gleichzeitig gilt es den Einfluss steuernder Faktoren zu konkretisieren um Alternativen prüfen und Wechselwirkungen mit den eingesetzten Maßnahmen erfassen zu können.
Ein weiteres Ziel ist, einen überregionalen Nutzen der am Beispiel Schleswig-Holsteins und der dortigen Rahmenbedingungen erarbeiteten Ergebnisse zu gewährleisten. Unter Berücksichtigung des gegebenen Rahmens kann das Vorhaben einen wertvollen ersten Beitrag zur systematischen Untersuchung des Problemfelds leisten, Tendenzen und Kernprobleme aufzeigen sowie fundierte Empfehlungen liefern.
Aufbau und Zielsetzung des Projektes orientieren sich an dem im Rahmen der von ADAC, DJV und DVR ausgerichteten Wildunfalltagung 2008 identifizierten Handlungsbedarf.
Wildunfälle verhindern - was hilft wirklich?
- Präventionsmaßnahmen auf dem Prüfstand -
Foto: J. Hanekopf (SHLF) |
Alle 2,5 Minuten prallt in Deutschland ein Auto mit einem großen Wildtier zusammen. Bis zu 27 Tote, knapp 600 Schwerverletzte und Sachschäden von rund 490 Millionen Euro sind die jährliche Bilanz von Wildunfällen auf Seiten der Verkehrsteilnehmer. Jährlich fallen dem Straßenverkehr über 200 000 Stück Reh-, Rot-, Dam- und Schwarzwild, zuzüglich einer nicht erfassten Anzahl an Niederwildarten wie Fuchs, Hase etc. zum Opfer. Dazu kommt eine hohe Dunkelziffer. Der DJV schätzt die Zahl an Wildtieren, die jährlich im Straßenverkehr getötet werden auf etwa 1 000 000. Bei sehr seltenen Arten, wie beispielsweise dem Fischotter, kann der Verkehrstod zudem einen gravierenden Einfluss auf die Populationsentwicklung haben und daher bestandsgefährdend wirken.
Es besteht deutlicher Handlungsbedarf, sowohl unter Arten- und Tierschutzaspekten wie auch in Bezug auf eine effektive Reduktion des Risikos für den Menschen.
Das Angebot an Schutzsytemen ist groß. Jährlich erscheinen Neuentwicklungen, die laufend Gegenstand von Testversuchen und Studien sind. Fundierte Untersuchungen über die Wirkung von Wildunfallpräventionsmaßnahmen fehlen in Deutschland bisher jedoch. Zu kurze Laufzeit, unzureichende Untersuchungstiefe und andere methodische Probleme schränken die Aussagekraft bisheriger Arbeiten erheblich ein. Eine Ursache für dieses Defizit liegt in der Komplexität des Wildunfallgeschehens, das durch viele Faktoren, die je nach Ort und seinen Gegebenheiten, Fahrverhalten und Wildtierart variieren, bestimmt wird. Daraus resultiert eine große Zahl relevanter Fragestellungen.
Das vorliegende Projekt will sich diesen Fragestellungen durch eine deutlich erhöhte Anzahl von Testrecken und einen längeren Zeithorizont (4 Jahre) nähern.
Auf Anregung des Landesjagdverbandes Schleswig-Holstein (LJV-SH) und der Flughafen Hamburg GmbH, soll in Zusammenarbeit mit dem Landesbetrieb für Straßenbau und Verkehr (LBV-SH), dem ADAC, dem Deutschen Jagdschutzverband (DJV), der Anstalt Schleswig-Holsteinische Landesforsten (SHLF) und dem Ministerium für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume (MLUR) eine Studie zur Analyse des Wildunfallgeschehens und zu Methoden der Prävention in Schleswig-Holstein durchgeführt werden.
Foto: T. Reinwald (DJV) |
Die Projektpartner bei der Auftaktveranstaltung
(von links nach rechts)
Marcus Meißner / IWGD
Bernd Friedrichsdorf / SHLF
Axel Schmidt / Flughafen Hamburg GmbH
Peter Meyer / ADAC
Jochen Borchert / DJV
Ulrike Schmidt / LBV-SH
Dr. Klaus-Hinnerk Baasch / LJV-SH
Johann Böhling / MLUR-SH
Methodik und Technik
Auf ausgewählten Konfliktstrecken in Schleswig-Holstein sollen verschiedene Methoden der Wildunfallverhütung exemplarisch getestet werden und eine systematische Erhebung und Analyse der relevanten Einflussfaktoren auf das Wildunfallgeschehen erfolgen.
Präventionsmaßnahmen
Auf den Teststrecken sollen technische, direkt auf das Tier wirkende, olfaktorische (Duftzaun® der Firma Hagopur) und optische (blaue, halbrunde Wildwarnreflektoren) Präventionsmaßnahmen erprobt werden. Beide Maßnahmen sind weit verbreitet, da sie von örtlichen Jagdausübungsberechtigten in Bezug auf Aufwand und Kosten relativ einfach eingesetzt werden können.
Jede Präventionsmaßnahme soll auf mindestens 2 – möglichst 3 – Strecken pro Landschaftsstruktur-Kategorie getestet werden. Eine Ableitung der Wirksamkeit ergibt sich aus dem Vergleich der Wildunfallzahlen vor und nach der Anbringung.
Teststrecken
Die Auswahl der Teststrecken (Wildunfall-Hotspots) erfolgt nach den Kriterien Wildunfallzahl, Wildarten, Landschaftsstruktur und Lage der Teststrecke. Alle wichtigsten vorkommenden Wildarten (Dam-, Schwarz- und Rehwild) und landschaftlichen Gegebenheiten sollen dabei abgedeckt sein.
Relevante Einflussfaktoren
Zu Beginn der Untersuchung erfolgen eine ausführliche Aufnahme der Rahmenbedingungen und die Anfertigung entsprechenden Kartenmaterials durch Feldbegehungen und Auswertung von Luftbildern: Erfassung der aktuellen Landnutzungsstrukturen, Beschilderungen / Warnhinweise / Geschwindigkeitsregelungen, Wildwechsel, Beschaffenheit von Trasse / Randstreifen / Bankette, Besonderheiten (Leitplanken etc.).
Die Landschaftsstruktur wird in die drei Hauptkategorien Wald, Landwirtschaft und strukturreiche Lebensräume (d. h. landwirtschaftliche Nutzflächen, Grünland mit Waldinseln, Knicks o. ä. in Straßennähe) unterteilt.
Mit Beginn des Projektes werden auf jeder Teststrecke Verkehrsfrequenz und Fahrgeschwindigkeit gemessen. Beide Faktoren haben erheblichen Einfluss auf das Wildunfallgeschehen sowie die Analyse und Bewertung von Wildunfallereignissen.
Alle Wildunfälle werden vom zuständigen Revierinhaber nach einem festen Erhebungsbogen protokolliert. Abgefragt werden neben dem genauen Ort die Bedingungen zum Zeitpunkt des Unfalls, mögliche Maßnahmen und die Verfahrensweise mit dem verunfallten Stück Wild. Der/die Fahrzeugführer/in wird ebenfalls um einige Angaben zur (subjektiven) Wahrnehmung und zum Ablauf des Geschehens gebeten (z. B. Wechselrichtung und Vergesellschaftung des Tieres). Abgesehen von der absoluten Zahl dienen diese Angaben der Dokumentation von Entwicklung der Wildunfälle im Jahres- und Tagesgang sowie der genauen Dokumentation der räumlichen Verteilung auf der Strecke sowie der Rahmenbedingungen zum Zeitpunkt der Kollision.
Aus dem Projekt
Mit Reflektoren und Duftzaun gegen Wildunfälle
Anlässlich der von ADAC und DJV ausgerichteten Fachtagung „Sicherheit für Mensch und Tier“ wurde die Halbzeitbilanz unserer Studie „Wildunfälle verhindern - was hilft wirklich? - Präventionsmaßnahmen auf dem Prüfstand“ vorgestellt.
Auf den 25 Versuchsstrecken konnten vereinzelt Rückgänge der Wildunfälle von bis zu 80% festgestellt werden. Ein Ergebnis, das sich jedoch nicht auf allen Strecken gleichermaßen zeigte.
Hier einige Pressebeiträge zur Vorstellung der Zwischenbilanz (ohne Anspruch auf Vollständigkeit):
http://www.sueddeutsche.de/auto/duftzaeune-und-reflektoren-neuer-schutz-vor-wildunfaellen-1.1796592
http://www.ndr.de/regional/schleswig-holstein/wildunfaelle135.html
http://www.dradio.de/dlf/sendungen/umwelt/2297467/
http://detektor.fm/kultur/automobil-duftzaeune-und-reflektoren-gegen-wildunfaelle/